Wenn das Leben im Gefängnis endet – Palliativversorgung hinter Gittern
Die Gefängnisse in Deutschland stehen vor einer Herausforderung, die bislang kaum im öffentlichen Bewusstsein angekommen ist: Immer mehr ältere Menschen verbüßen dort ihre Strafen. Und immer mehr sterben auch hinter Gittern. Doch wie kann ein menschenwürdiges Sterben im Vollzug aussehen?
Immer mehr alte Menschen im Gefängnis
Die deutsche Gesellschaft altert… und damit auch die Gefangenen. Zwar stellen über 60-Jährige unter den Strafgefangenen noch eine Minderheit dar, doch sie sind die am schnellsten wachsende Gruppe. Fachleute sprechen sogar von „hyper aging“, da Gefangene im Vergleich zur übrigen Bevölkerung schneller altern.
Die Folge: In den kommenden Jahren wird die Zahl sterbender Häftlinge deutlich zunehmen. Doch bislang wird Sterben im Vollzug noch eher als Ausnahme betrachtet. Ein Umstand, der zunehmend an seine Grenzen stößt.
Würdevoll sterben – auch hinter Gittern
Besonders deutlich zeigt sich die Entwicklung im Justizvollzugskrankenhaus NRW. Dort hat man gemeinsam mit Hospizeinrichtungen ein Konzept entwickelt, das Sterbenden im Gefängnis ein würdevolles Ende ermöglichen soll.
„Palliativmedizin ist nichts, was man nebenbei tut“, betonen die Verantwortlichen. Sie erfordert geschultes Pflegepersonal, spezialisierte Ärztinnen und Ärzte sowie Unterstützung durch Seelsorge und Sozialdienste. Auch die Vollzugsbediensteten stehen vor großen Herausforderungen. Der Umgang mit sterbenden Menschen verlangt nicht nur medizinisches Wissen, sondern auch Einfühlungsvermögen – im Kontakt mit den Betroffenen ebenso wie mit deren Angehörigen.
Zwischen Anspruch und Realität
Ein Kernproblem bleibt jedoch: Geld.
Umbauten von Krankenzimmern, zusätzliche Fachkräfte, Fortbildungen – all das kostet. Die Haushaltsmittel sind knapp und die Prioritäten sind auf verschiedene Projekte im Land NRW unterschiedlich gewichtet. Mancherorts heißt es lapidar: „Gestorben wurde doch schon immer im Justizvollzugskrankenhaus.“ Das stimmt, aber die entscheidende Frage lautet: Wie wird gestorben? In Würde und in einer fürsorglichen Umgebung oder einsam in einem kargen Haftraum?
Eine Frage der Menschlichkeit
Die Verantwortlichen im Justizvollzugskrankenhaus NRW sind bereit, diese Aufgabe für das Land zu übernehmen. Dafür benötigen sie jedoch politische und finanzielle Unterstützung. „Auch Gefangene haben das Recht auf ein würdevolles Sterben“, betonen Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und die Anstaltsleitung übereinstimmend.
Der demografische Wandel stellt die gesamte Gesellschaft vor neue Herausforderungen – im Strafvollzug zeigen sie sich jedoch mit besonderer Dringlichkeit. Denn Gefangene können nur das in Anspruch nehmen, was innerhalb der Mauern angeboten wird. Der Umgang mit Sterbenden im Vollzug ist daher nicht nur eine medizinische, sondern vor allem eine gesellschaftliche Frage. Wie viel Menschlichkeit gestehen wir jenen zu, die am Rande der Gesellschaft stehen – auch in ihren letzten Tagen? Oft vergessen, aber von zentraler Bedeutung: das Personal. Es leistet unter diesen schwierigen Bedingungen einen elementaren Beitrag. Doch wie lange hält es dieser ständig steigenden Belastung stand?
Autor: OV Fröndenberg
Bild: BSBD NRW
