Warum tun sich die Bundesländer so schwer, ihr Personal vernünftig zu bezahlen?
Seit die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse zum nachhaltigen Sparen zwingt, kürzen die Bundesländer überwiegend bei einem Posten, dem Personal. Speziell Beamte und Pensionäre stehen so in der konkreten Gefahr, einkommensmäßig abgehängt zu werden. Dabei bewegen sich die Steuereinnahmen auf einem Rekordniveau, obwohl der Staat nicht einmal alle Gelder einnimmt, die ihm zuständen, würde das Steuerrecht auf europäischer Ebene endlich harmonisiert.
Europa legt großen Wert auf Gleichbehandlung und Diskriminierungsschutz, wenn die Rechte des Einzelnen betroffen sind. Beim Steuerrecht aber, wo es um sehr viel Geld und Zukunftschancen geht, leisten wir uns einen anachronistischen Luxus, der deutsche Arbeitnehmer erheblich benachteiligt. Mit Luxemburg, Irland, den Niederlanden und Österreich leisten wir uns Steueroasen innerhalb der Europäischen Union. Wer wollte es Unternehmen da verdenken, dass sie die ihnen gebotenen Möglichkeiten der Steuervermeidung auch tatsächlich nutzen? Aber wie lange wollen deutsche Politiker noch warten, bis die EU endlich ernst macht mit der Harmonisierung der Steuerregeln, damit erzielte Gewinne stets in dem Land versteuert werden, in dem sie auch erzielt wurden?
Jean-Claude Juncker , der Präsident der EU-Kommission, will jetzt jenes System zerschlagen, das er als Luxemburger Regierungschef selbst mit ersonnen hat, um Großunternehmen ins Land zu locken. Für seine Luxemburger Landsleute hat sich das System ausgezahlt. Sie erzielen mit über 70.000 Euro immerhin mehr als ein doppelt so hohes Jahreseinkommen wie ihre deutschen Kollegen.
Dabei ist das Prinzip ganz einfach. Viele internationale Konzerne bündeln ihre europäischen Geschäfte in Tochterfirmen, die in Ländern mit niedrigen Steuersätzen angesiedelt sind. Apple und Google etwa verbuchen ihre Einnahmen in Irland. Apple hat in Irland einen Spezialdeal ausgehandelt und zahlt weniger als zwei Prozent Unternehmenssteuer. Durch Lizenzgebühren werden die Gewinne vieler Unternehmen so weit reduziert, dass am Ende der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung eine Negativbilanz steht. Dann werden in dem Land, in dem ohne diese Lizenzgebühren die Gewinne angefallen wären, auch kaum Steuern fällig.
Solche Systeme gedeihen stets nur in einem Klima der Verschwiegenheit und der Intransparenz. Nachdem die betroffenen Konzerne zunehmend in der Kritik stehen und auch die Politik das Problem nicht mehr einfach übersehen und wegdrücken kann, kommt langsam Bewegung in die Angelegenheit. Der Internetkonzern Amazon verbucht seine deutschen Umsätze seit Mai 2015 nicht mehr in Luxemburg, sondern freiwillig in Deutschland.
Deutschland ist für Amazon ein wichtiger, schnell wachsender Markt. Der Internet-Händler hat in Deutschland im letzten Jahr Waren im Wert von fast elf Milliarden Euro abgesetzt. Bisher verbuchte Amazon seine deutschen Verkäufe über eine Konzerntochter in Luxemburg, wo der Konzern ein Steuersparmodell ausgehandelt hatte.
Jetzt ist auch die deutsche Politik gefordert, nachdrücklich für gerechte Steuerregeln in der Europäischen Union zu sorgen, damit auch Deutschland seine Infrastruktur erhalten sowie in Bildung und Sicherheit investieren kann. Es geht darum, dass Gewinne, die deutsche Arbeitnehmer erarbeitet haben, künftig vollständig in Deutschland versteuert werden müssen und nicht in irgendeiner Steueroase.
Speziell die Kolleginnen und Kollegen des öffentlichen Dienstes, die in den zurückliegenden Jahren immer wieder finanzielle Sonderopfer leisten mussten, um die Schuldenaufnahme zu begrenzen, haben ein vitales Interesse daran, dass alle dem Staat zustehenden Steuern auch tatsächlich erhoben und beigetrieben werden. Ihre aufgaben- und leistungsangemessene Bezahlung wird davon abhängen, dass der Staat seine Einnahmenseite verbessert und nicht stillschweigend Steuersysteme duldet, mit denen internationale Konzerne ihre Steuerpflicht in Deutschland reduzieren.