Die Inflation kennt nur eine Richtung: Ein Preisschock folgt dem nächsten
Die „Wirtschaftsweisen“ traten am 30. März 2022 vor die Presse, um die nächste Hiobsbotschaft zu verkünden. Im abgelaufenen Monat hat sich die Teuerungsrate um 7,3 Prozent erhöht. Für das Gesamtjahr prognostizieren die Experten nunmehr durchschnittlich 6,1 Prozent. Für den unerwartet hohen Anstieg der Verbraucherpreise machen die Wirtschaftsweisen Putins Angriffskrieg auf die Ukraine verantwortlich verantwortlich.
So erwiesen sich die Energiepreise als Kostentreiber, so dass die höchste Inflation seit der Wiedervereinigung zu befürchten ist. Die große Abhängigkeit von russischen Energielieferungen berge das Risiko einer geringeren Wirtschaftsleistung. Deutschland, so die Empfehlung der Experten, solle sich möglichst umgehend unabhängig von Energie aus Russland machen.
Dieser Entwicklung stehen Politik und Wirtschaft ziemlich hilflos gegenüber. Und wir als Verbraucher ergeben uns still in unser Schicksal. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) entfaltet zwar hektische Betriebsamkeit, doch kurzfristige Lösungen unserer Energieprobleme sind auch von ihm nicht zu erwarten. Einen Trost hält er jedoch bereit: „Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe.“ Bis zum kommenden Winter müssen aber Lösungen her und die werden nicht billig werden, da alle Energielieferanten wissen, dass Deutschland dringend auf Energie angewiesen ist und nur wenige Lieferalternativen besitzt.
Die Lebenshaltung hat sich im März deutlich verteuert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes liegen sie nunmehr um 7,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Nach der Wiedervereinigung haben sich die Lebenshaltungskosten noch nie in dieser Weise erhöht. Die Teuerungsrate beschreibt den Kaufkraftverlust. Für die gleiche Menge Geldes kann man sich weniger leisten.
Seit Monaten wird die Inflation von steigenden Energiepreisen getrieben. Diese Entwicklung wird jetzt noch durch den Ukraine-Krieg verstärkt. Die Wirtschaftsweisen rechnen deshalb für das Gesamtjahr mit einer Teuerungsrate von 6,1 Prozent allein in Deutschland.
Und auch der Ausblick ist überaus bescheiden. Nach Expertenmeinung werden uns die kommenden Monate starke Nerven abverlangen. Es ist eine Binsenweisheit, trotzdem müssen wir sie zur Kenntnis nehmen: Putins Angriffskrieg auf die Ukraine macht uns alle ärmer.
Noch im November 2021 war der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von einem Wirtschaftswachstum von 4,6 Prozent ausgegangen. Dieser Wert musste jetzt auf 1,8 Prozent reduziert werden. Und wenn es ganz dumm läuft oder Putin uns tatsächlich das Gas abdreht, dann sehen die „Wirtschaftsweisen“ hierin ein substanzielles Risiko einer Rezession in Deutschland. Ein solcher Rückgang des Wachstums in Europas größter Volkswirtschaft wird sich auch auf unsere Nachbarländer auswirken. Als Ursachen für diesen Einbruch beim Wachstum nennen die „Wirtschaftsweisen“ anhaltende Lieferengpässe und die steigenden Energiekosten.
Zu allem Überfluss steht noch die russische Drohung im Raum, für Erdgaslieferungen künftig nur noch Rubel als Bezahlung akzeptieren zu wollen. Die Europäische Union hat angekündigt, nicht in Rubel zu bezahlen, da die Bezahlung in Euro oder Dollar vertraglich vereinbart worden sei. Ein Kreml-Sprecher äußerte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, dass die Modalitäten für die Erdgaslieferungen derzeit ausgearbeitet würden. Er ergänzte seine Ausführungen mit dem Hinweis: „Niemand wird Gas umsonst liefern, und bezahlt werden kann nur noch in Rubel.“
Damit steht eine Drohung im Raum, die zu einem Notstand in Deutschland führen könnte. Die Bundesregierung bereitet sich auf eine schlechtere Versorgungslage vor. Seitens des Wirtschaftsministeriums verlautet zwar, dass gegenwärtig kein Versorgungsproblem bestehe, trotzdem sprach das Ministerium die dringende Empfehlung aus, den Verbrauch so weit wie möglich abzusenken.
Vorsorglich hat sich die deutsche Wirtschaft bereits zu Wort gemeldet und Unterstützung reklamiert. Um die wirtschaftliche Stärke deutscher Unternehmen zu bewahren, müsse jetzt an zielgenauen Maßnahmen gearbeitet werden, um die absehbare Krise finanziell abzufedern. Da erhebt sich die Frage, wer federt eigentlich die finanziellen Risiken der Privathaushalte ab?
BSBD-Chef Ulrich Biermann zeigte sich überrascht über den doch eklatanten Anstieg der Inflation. „Dies macht unsere Arbeit nicht gerade einfacher. Weil es jetzt aber darum geht, die Wohlstandseinbußen so gering wie irgend möglich zu halten, sind wir gemeinsam mit dem DBB NRW engagiert, die Politik davon zu überzeugen, dass die öffentlich Beschäftigten dringend einen Inflationsausgleich benötigten. Angesichts der moderaten Tarifabschlüsse der letzten Jahre haben die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr viel zuzusetzen. Wir Betroffenen können unsere Lebenshaltung nur noch unter Schwierigkeiten finanzieren. Jetzt sind folglich staatliche Stützungsmaßnahmen erforderlich und keine weiteren Sparmaßnahmen zu Lasten des Personals“, umriss Biermann die Erwartungshaltung der Bediensteten des Justizvollzugs.
Friedhelm Sanker