Personalmangel und Behandlung von Gewalttätern sind die Herausforderungen der Zukunft
Herbstsitzung des BSBD-Hauptvorstandes
Anlässlich der Sitzung des BSBD-Hauptvorstandes, des höchsten Gremiums der „Gewerkschaft Strafvollzug“ zwischen den Gewerkschaftstagen, am 13. November 2014 in Hagen forderte BSBD-Landesvorsitzender Peter Brock vor den mehr als 100 Delegierten die Landesregierung dazu auf, endlich mit dem schrittweisen Abbau des Personaldefizits in den Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes zu beginnen.
Gleichermaßen verlangte der Gewerkschafter die Entwicklung von effektiven Behandlungs- und Sicherheitskonzepten für den Umgang mit Tätern aus dem Bereich des politisch und religiös motivierten Terrorismus.
BSBD-Chef Peter Brock machte zu Beginn seines Berichtes zur Situation der Gewerkschaftsarbeit deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen, die für die Vertretung der Interessen der Strafvollzugsbediensteten gegenwärtig bestimmend seien, in geradezu dramatischer Weise verschlechtert hätten. So habe sich die Landesregierung durch den erklärten Willen, auch künftig beim Personal aus Gründen der Haushaltskonsolidierung zu sparen, praktisch jeglicher Flexibilität im Personalsektor beraubt.
Bei der Sozialdemokratie scheinen sich damit wieder Vorstellungen Bahn zu brechen, die bereits vor zehn Jahren angestellt und entwickelt worden sind. Damals wollte man die Verwaltung reformieren, weil sie den Herausforderungen nicht gerecht werde, ihre Leistungen für die Gesellschaft nicht in der nötigen und möglichen Qualität erbringe und zu stark regel- und zu wenig ergebnisorientiert arbeite. Dies war damals eine Abfolge von Ohrfeigen. Diese verdienen aber nicht die Bediensteten, sondern eher die Politiker, die es augenscheinlich nicht schaffen, die öffentliche Verwaltung – und hier speziell den Strafvollzug – aufgabenangemessen personell auszustatten.
Peter Brock machte darauf aufmerksam, dass die Landesregierung offenbar darauf hoffe, dass die sinkenden Gefangenenzahlen das durch die Überstunden offenbar werdende Personalproblem mittelfristig lösen würden. „Hier“, so der BSBD-Chef, „ist die ‚Rechnung wohl ohne den Wirt gemacht‘ worden. Der sprunghafte Anstieg von Asylbewerbern und Flüchtlingen wird sicherlich auch wieder zu einem Anstieg der Gefangenenzahlen führen, so dass vor dem voreiligen Schließen von Vollzugseinrichtungen dringend gewarnt werden muss. Eine Politik, die sich der drängenden Probleme bei der Pflichtaufgabe Strafvollzug nicht in der gebotenen Weise annimmt, wird den Bedürfnissen des Vollzuges und denen seiner Beschäftigten nicht gerecht“, tadelte der BSBD-Vorsitzende den Umgang mit den nicht zu übersehenden Personalproblemen.
Neben den eklatanten Personalproblemen wird es nach Einschätzung der Delegierten zunehmend schwieriger, geeignete Bewerber für ein berufliches Engagement im Strafvollzug zu gewinnen, um überhaupt den jährlichen Ersatzbedarf decken zu können. Hier macht sich bemerkbar, dass in einigen Regionen des Landes der Fachkräftemangel bereits offen zu Tage tritt.
Nach Überzeugung der Delegierten wird der Strafvollzug bei der Nachwuchsgewinnung künftig nur dann erfolgreich sein, wenn sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Entlohnung und Besoldung angemessen verbessert werden. Der Hauptvorstand sprach sich deshalb dafür aus, den Anwärtersonderzuschlag, der gegenwärtig für die Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes gezahlt wird, auf die Laufbahnen des mittleren Verwaltungsdienstes und des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes auszuweiten. Durch eine solche Maßnahme, so die Auffassung der Gewerkschafter, ließe sich das Bewerberpotential für diese Laufbahnen deutlich erhöhen, weil dann auch Zweitberufler und Lebensältere für ein berufliches Engagement im Strafvollzug interessiert werden könnten.
Breiten Raum in der Diskussion nahm der künftige Umgang mit religiös und politisch motivierten Terroristen ein. Nachdem die ersten Prozesse unmittelbar vor dem Abschluss stehen, ist die Administration des Justizministeriums aufgefordert, ein schlüssiges Sicherheits- und Behandlungskonzept für den Umgang mit ideologisch verblendeten Gewalttätern zu entwickeln.
Der Umgang mit dieser Klientel, dies wurde in der Diskussion deutlich, ist durchaus angstbesetzt. Deshalb erwarten die Strafvollzugsbediensteten, dass für diese Personengruppen Handlungsanweisungen geschaffen werden, die den Bediensteten vor Ort ein Stück Sicherheit vermitteln.
Es sind frühzeitig Fortbildungsmaßnahmen anzubieten und durchzuführen, die sich neben der Behandlung auch mit den Hintergründen und ideologischen Grundlagen der Gewalt befassen. Der Strafvollzug sollte, anders als in den 1970er und 1980er Jahren mit den RAF-Terroristen, nicht einfach unvorbereitet mit einer schwierigen Tätergruppe konfrontiert werden. Es ist an der Zeit, den Strafvollzug fachlich kompetent und umfassend auf das Problem der ideologisch motivierten Gewalttäter vorzubereiten. Nur so kann es gelingen, dass die Kolleginnen und Kollegen sich ein Stück Sicherheit und Professionalität im Umgang mit dieser Klientel erarbeiten können.
Im kommenden Jahr stehen wieder Tarifverhandlungen für den Bereich der Länder auf der Tagesordnung. Abgesehen davon, dass die Beschäftigten einen vernünftigen und deutlich über der Inflationsrate liegenden Abschluss benötigen, um den Einkommensrückstand zu vergleichbaren Berufsgruppen der Privatwirtschaft sukzessive abzubauen, werden diesmal auch die Beamten gefordert sein, für ihre legitimen Rechte auch auf der Straße zu kämpfen. Ein abermaliges Sonderopfer der Beamten wäre nicht akzeptabel.
Obwohl der Hälfte der Beamten durch die Verschiebung und Reduzierung der Besoldungsanpassung im vorigen und diesen Jahr erneut ein Zwangsbeitrag zur Senkung der Personalkosten abverlangt worden ist, werden aus Kreisen der Politik weitere Sparmaßnahmen gefordert. Hiermit muss endlich Schluss gemacht werden. Personal ist keine willfährige Verfügungsmasse der Politik. „Wir fordern die Ministerpräsidentin unseres Landes, Hannelore Kraft, nachdrücklich auf, von dieser leistungsfeindlichen Besoldungspraxis endlich abzulassen“, forderte BSBD-Chef Peter Brock unter dem Beifall der Delegierten. Er schloss die Hauptvorstandssitzung mit den Worten: „Dem Versuch der Regierung, den Öffentlichen Dienst ein weiteres Sonderopfer aufzubürden, werden der BSBD und die Kolleginnen und Kollegen des Strafvollzuges eine deutliche Absage erteilen. Wir sind bereit, für unsere legitimen Rechte zu kämpfen und zu streiten.“
{gallery}hvs1114{/gallery}