Einkommensrunde für die Beschäftigten der Länder: Kolleginnen und Kollegen demonstrieren ihre Kampfbereitschaft
Der Auftakt verlief wie erwartet. Die Arbeitgeberseite nahm die Gewerkschaftsforderungen huldvoll und nicht weniger stoisch entgegen, um sie anschließend umso kategorischer zurückzuweisen. Die Haushalte der Länder, und hier muss nach Aussage des TdL-Vorsitzenden Andreas Dressel (SPD) besonders auf finanzschwache Gebietskörperschaften Rücksicht genommen werden, seien aktuell bereits stark strapaziert.
Vom Hamburger Finanzsenator hatte sich die Gewerkschaftsseite doch etwas mehr versprochen, zumal die geplante zwölfprozentige Erhöhung des Bürgergeldes angedeutet hatte, dass die Politik noch auf Realitäten reagiert.
Im Vorfeld der Auftaktveranstaltung hatten sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen am Verhandlungsort eingefunden, um der Arbeitgeberseite zu verdeutlichen, was sie von Hinhaltetaktik und finanzieller Zurückhaltung halten: Nämlich rein gar nichts!
Seit der letzten Tarifrunde haben die Beschäftigten der Bundesländer eine extrem hohe Inflation von mindestens 16,5 Prozent schultern müssen. Besonders die Kosten für Energie und Lebenshaltung sind noch wesentlich stärker angestiegen. Diesem Kaufkraftverlust stand eine dauerhafte Entgelterhöhung von 2,8 Prozent zum 1.12.2022 gegenüber. Zudem wurde eine Corona-Prämie von 1.300 Euro gewährt. Wobei Versorgungsempfänger nicht einmal diese erhielten.
Der Reallohnverlust addiert sich somit auf mindestens 14 Prozent. DBB-Chef Ulrich Silberbach hält es deshalb für dringend geboten, diesen Verlust auszugleichen. Er stellte klar: „Die Forderung der Gewerkschaten nach einem Einkommensplus von 10,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro ist zeitgemäß, verhältnismäßig und für die Bundesländer finanzierbar.”
Auch der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), wollte sich dieser Überlegung nicht gänzlich verschließen. Er betonte, dass die Höhe der Forderung die Haushalte der Länder allerdings überfordern würde. „Ich sehe noch reichlich Diskussionsbedarf. Das Ziel der Arbeitgeberseite ist es jedoch, noch vor Weihnachten eine Einigung zu finden. Wir benötigen eine Verständigung, die fair ist für die Beschäftigten, aber auch leistbar für die Länder.”
Anfang November 2023 treffen sich die Verhandlungsdelegationen zur zweiten Runde. Spätestens dann erwartet der DBB ein konkretes Verhandlungsangebot, das sich am Abschluss für Bund und Kommunen orientiert, aber deutlich höhere Entgelte vorsieht, um den bestehenden Einkommensrückstand suksessive abzubauen. Alles andere wäre respektlos gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, durch deren extreme Leistungsbereitschaft der Staat für die Bürgerinnen und Bürger schließlich erst erfahrbar wird.
In Düsseldorf erklärte BSBD-Chef Horst Butschinek, dass der Verhandlungsauftakt in Berlin dem bekannten Ritual gefolgt sei. Die Arbeitgeber der TdL sollten sich jedoch nicht drüber täuschen, dass bei den Beschäftigten ordentlich „Dampf auf dem Kessel” sei. „Wenn Beschäftigte in den unteren Entgeltgruppen nicht mehr wissen, wie sie die Lebenshaltungskosten der Familie stemmen sollen. Wenn an der Tankstelle, im Supermarkt, bei der Miete und den Energiekosten die Auswirkungen der Inflation real werden, dann steigt der Unmut über die ruinösen Verhältnisse in krisenhafter Zeit. Dann steigt aber auch die Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen jetzt zu verlangen, was ihnen aufgrund ihrer Leistungen zusteht!”
Die BSBD-Tarifexpertin Birgit Westhoff wertete den Auftakt der Verhandlungen als enttäuschend. Bund und Kommunen hätten die Vorlage geliefert. Es sei daher vernünftig, sich an diesem Abschluss zu orientieren und zum Abbau des Einkommensrückstandes der Bundesländer noch etwas oben draufzulegen. In diesem Fall sei eine schnelle Einigung vorstellbar.
„Weil wir aber nichts dem Zufall überlassen, veranstaltet der BSBD NRW eine erste Aktion im Rahmen der Tarifrunde am 30. Oktober 2023 um 10.00 Uhr vor dem Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg. Hier geht es besonders darum, die Forderung nach einer dynamsichen Pflegezulage zu unterstützen, die den verbeamteten Krankenpflegekräfte bereits seit Jahren gezahlt wird. Alle Kolleginnen und Kollegen, die ihre Teilnahme ermöglichen können, sind herzlich willkommen”, rief die Gewerkschafterin zur Solidarität auf. Diese Zulage, so Birgit Westhoff, sei bereits mehrfach bei den Verhandlungen unter den Tisch gefallen. Jetzt aber müsse sie endlich kommen. Das sei schließlich eine Frage der Gerechtigkeit!
Friedhelm Sanker