04. September 2023

Anwärtersonderzuschlag: Zuschlagshöhe für den Einstellungsjahrgang 2024 auf dem Prüfstand

Der Finanzminister des Landes NRW hatte zuletzt einer

moderaten Anhebung der Zuschläge zugestimmt. Seither beträgt der

Zuschlag für den Allgemeinen Vollzugsdienst und für den Werkdienst

jeweils 70 Prozent des Anwärtergrundbetrages. Zudem wurde für die

Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes erstmals ein

Sonderzuschlag in Höhe von 30 Prozent des Grundbetrages eingeführt.

Der

BSBD NRW hatte eine Erhöhung der Zuschläge für den Allgemeinen

Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent der Bemessungsgrundlage

gefordert. Hierzu hat sich die Landesregierung leider nicht durchringen

können. Der BSBD NRW anerkennt zwar ausdrücklich, dass mit der erneuten

Anhebung und der Aufnahme des gehobenen Vollzugs- und

Verwaltungsdienstes ein wichtiger Schritt unternommen wurde, er sieht in

diesem Bereich aber weiteren und dann möglichst abschließenden

Handlungsbedarf.

Der Arbeitsmarkt wird aktuell von zwei gegensätzlichen Phänomenen

gekennzeichnet. Einerseits lassen sich Fachkräfte immer seltener finden,

andererseits ist die Zahl der Arbeitslosen im Steigen begriffen. Diese

Entwicklungen sind ein absoluter Worst Case für den Arbeitsmarkt und

unseren Sozialstaat. Wenn es bei 2,6 Millionen Arbeitslosen nicht

gelingt, selbst Jobs mit einfachem Anforderungsprofil zu besetzen, dann

deutet das darauf hin, dass das Abstandsgebot zwischen Menschen in

Arbeit und Menschen ohne Arbeit nicht ausreichend groß ist. Das

bisherige Versprechen, in Deutschland durch seiner Hände Arbeit sozialen

Aufstieg erreichen zu können, hat offenbar an Attraktivität eingebüßt.

Hier ist die Politik gefordert, die richtigen Weichenstellungen

vorzunehmen, weil sonst der Sozialstaat langfistig nicht mehr

finanzierbar sein dürfte.

Die Personalknappheit sorgt gegenwärtig dafür, dass qualifizierter

Nachwuchs stark umworben wird. Folglich müssen große Anstrengungen

unternommen werden, dass sich geeignete Bewerberinnen und Bewerber in

ausreichender Zahl für ein berufliches Engagement im Strafvollzug

finden.

Die

Professionalisierung der Bewerberakquise hat lediglich den Statusquo

gesichert

Die Intensivierung und Professionalisierung der Werbung und der

anerkennenswerte Einsatz der Vollzugsbehörden haben bewirkt, dass die

Bewerberzahlen nicht weiter zurückgegangen sind. Aus Sicht des

BSBD NRW sind weitere finanzielle Anreize erfroderlich,

um die bestehenden Stellenvakanzen zeitnah beenden zu können. Während

der letzten Legislatur hat die Landesregierung annähernd 1.000

zusätzliche Stellen für den Strafvollzug geschaffen, um die ärgsten

Personalprobleme zu lindern und Personal für neue Aufgaben zur Verfügung

zu stellen. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Stellen kann bislang

nicht besetzt werden.

Stellen, die nur auf dem Papier existieren, bewirken aber nicht die

angestrebte Entlastung des vorhandenen Personals. Deshalb ist es nach

Auffassung des BSBD NRW sinnvoll und geboten, nunmehr

den letzten Schritt zu gehen und den Anwärtersonderzuschlag für den

Allgemeinen Vollzugsdienst und den Werkdienst auf 90 Prozent des

Anwärtergrundbetrages zu erhöhen.

Die glücklicherweise überwundene Pandemie hat die Nachwuchsgewinnung

erheblich belastet. Die aus der Vergangenheit bekannten Schwierigkeiten,

geeignete Nachwuchskräfte für ein berufliches Engagement im Strafvollzug

zu interessieren, bestehen fort. Der BSBD NRW ist

deshalb weiter der Überzeugung, dass eine grundsätzliche Verbesserung

der Bewerberzahlen nur durch weitere zusätzliche finanzielle Anreize

erzielt werden kann.

Der

Vollzug sucht Bewerber mit Berufs- und Lebenserfahrung

Der Vollzug ist ein schwieriges und weitgehend unbekanntes

Berufsfeld. Es werden zudem vorrangig Kräfte gesucht, die bereits über

Berufs- und Lebenserfahrung verfügen. Diese Rahmenbedingungen müssen

durch die Anwärterbesoldung gespiegelt werden, damit geeignete

Bewerberinnen und Bewerber sich einen Berufswechsel auch leisten können.

Gerade von den Erfahrungen dieses Bewerberkreises dürfen nachhaltig

positive Wirkungen auf die Umsetzung des Behandlungsauftrages erwartet

werden. Diese Personengruppe ist aber erfahrungsgemäß vielfach in

finanzielle Verpflichtungen eingebunden, die mitunter die Aufnahme einer

erneuten Berufsausbildung verhindern. Um bei der Anwerbung gerade

solcher Bewerber nicht chancenlos zu sein, ist die Gewährung von

auskömmlichen Anwärtersonderzuschlägen unverzichtbar.

Die Nichtbesetzung verfügbarer Stellen vermag die vorherrschende

Arbeitsverdichtung der Kolleginnen und Kollegen im Vollzug leider nicht

zu beheben. Es müssen schon Menschen aus Fleisch und Blut gefunden

werden, die sich der Resozialisierungsarbeit verschreiben. Das

vorhandene Personal wird durch den hohen Stand der Mehrarbeit physisch

und psychisch enorm gefordert; Entlastung ist deshalb dringend

geboten.

Steigende

Kriminalität fordert Ausweitung der Behandlungskapazitäten

Die Kriminalitätsstatistik weist für 2022 einen deutlichen Anstieg

der Straftaten aus. Dies wird nicht ohne Auswirkungen auf den

nordrhein-westfälischen Strafvollzug bleiben, so dass die zeitnahe

Stellenbesetzung eine hohe Dringlichkeit aufweist.

Auch die Wirtschaft sucht händeringend nach geeignetem Nachwuchs. Die

aktuellen Krisen führen zu wirtschaftlichen Verwerfungen durch hohe

Energiepreise. Die Transformation der Wirtschaft verursacht zudem

Wettbewerbsverzerrungen, die Investoren verunsichert. Es ist daher nicht

verwunderlich, dass die deutsche Wirtschaft den Pfad des Wachstums

während der letzten drei Quartale verlassen hat und in die Rezession

gerutscht ist.

Eine solche Entwicklung verunsichert speziell Arbeitnehmer, weil die

Arbeitsplatzsicherheit leidet. Es ergibt sich damit aber auch die

Chance, aussichtsreich für die Arbeit im Vollzug zu werben. Wenn dann

noch die Rahmenbedingungen stimmen, sollte es möglich sein, mehr

Berwerberinnen und Bewerber für den Strafvollzug zu interessieren. Der

BSBD NRW fordert angesichts der aktuellen

Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu einem Befreiungsschlag auf, um

das Personalproblem des Vollzuges einer grundsätzlichen Lösung

zuzuführen.

Der BSBD NRW beharrt angesichts der prekären

Situation bei der Nachwuchsgewinnung auf seiner Forderung, die

Sonderzuschläge in Zukunft auf 90 Prozent des Grundbetrages für die

Laufbahnen des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes zu

erhöhen.

Sonderzuschlag

auch für den mittleren Verwaltungsdienst notwendig

Daneben hält es der BSBD NRW für erforderlich, die

Zahlung eines Sonderzuschlages auch für die Laufbahn des mittleren

Verwaltungsdienstes vorzusehen. Bei der Gewinnung geeigneter

Nachwuchskräfte ist der Vollzug derzeit nur bedingt konkurrenzfähig.

Deshalb sollte auch bei dieser Laufbahn die Einführung eines

Sonderzuschlages erfolgen.

In den zurückliegenden Jahren ist der Ersatzbedarf im

Verwaltungsdienst vielfach durch die Einstellung von Beschäftigten

kompensiert worden. Diese Praxis hat dazu geführt, dass der

Personenkreis, der die gesamte Breite des Einsatzspektrums der Laufbahn

abdecken konnte, ausgedünnt worden ist. Zwischenzeitlich führt diese

Entwicklung dazu, dass urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten

nur noch schwer bewältigt werden können. Der BSBD NRW

plädiert deshalb dafür, wieder verstärkt beamtete Kräfte auszubilden, um

die multifunktionale Verwendungsfähigkeit spürbar zu erhöhen.

Speziell in dieser Laufbahn konkurriert der Vollzug mit allen anderen

Bereichen der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft um geeigneten

Nachwuchs. Weil andere Dienstherren oftmals lukrativere und zudem

planbare Karriereperspektiven bieten, tut sich der Vollzug schwer, den

benötigten Ersatzbedarf zu befriedigen. Dieser Entwicklung sollte durch

die Einfürhung eines Sonderzuschlages auch für den ehemals mittleren

Verwaltungsdienst gegengesteuert werden.

Friedhelm Sanker