Werden die Auswahlverfahren künftig zentralisiert?
Bislang werden freie Stellen in den Laufbahnen des mittleren Dienstes in NRW überwiegend dezentral durch die Vollzugseinrichtungen besetzt. Jetzt scheint sich eine Zentralisierung dieser Verfahren anzubahnen. Im Anschluss an die Einführung der Ausbildungslehrgänge bei der Justizvollzugsschule des Landes NRW hatten Vertreter der BSBD-Landesleitung Gelegenheit, sich mit der Leitung dieser Ausbildungseinrichtung auszutauschen. Im Rahmen dieses Gespräches wurde auch diese Option erörtert.
Der Schulleiter, LRD Werner Heß, und dessen Vertreter, RD Andreas Illerhaus, bekräftigten, dass für eine Zentralisierung des Auswahlverfahrens gute Gründe ins Feld geführt werden könnten. So mache man im Rahmen der theoretischen Ausbildung der Nachwuchskräfte des Vollzuges immer wieder die Erfahrung, dass die Anwärterinnen und Anwärter mit ganz unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen in den Unterrichtsbetrieb einstiegen. Dabei verfolgten die aufgestellten Auswahlkriterien gerade das Ziel, eine möglichst homogene Gruppe für den Vorbereitungsdienst in den Laufbahnen des allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes zu ermitteln. Hierdurch solle vermieden werden, dass schulische Defizite an der Ausbildungseinrichtung identifiziert und aufgearbeitet werden müssten.
Die beiden Vertreter der Vollzugsschule ließen keinen Zweifel daran, dass dieses Ziel gegenwärtig nur sehr unzureichend erreicht werde. Die Unterschiede speziell im Bereich der schulischen Leistungen zwischen den Anwärterinnen und Anwärtern seien bedeutsam, so dass sich diese Differenzen auch auf die Wissensvermittlung an der Justizvollzugsschule auswirkten. Die Vertreter der Schulleitung erklärten, dass ein zentrales Auswahlverfahren, das bei der Justizvollzugsschule durchgeführt werden könne, geeignet sei, die erkannten Mängel des dezentralen Systems zu beseitigen. Sie räumten ein, dass es in der Vergangenheit seitens der Vollzugseinrichtungen Widerstand gegen diese Zentralisierung gegeben habe. Nachdem jedoch viele Anstaltsleitungen neu besetzt worden seien, bahne sich in dieser Hinsicht ein Sinneswandel an, so dass es durchaus erfolgversprechend sein könne, einen neuerlichen Versuch zu wagen, um ein zentrales Auswahlverfahren einzuführen.
Die BSBD-Landesleitung hat beschlossen, diese Frage den Gremien des Landesverbandes zur Beratung vorzulegen, um die Meinungsbildung auf eine breite Basis zu stellen. Bislang stand für den BSBD der Gesichtspunkt im Vordergrund, freie oder freiwerdende Stellen möglichst zeitnah zu besetzen, um die Belastungen für die Kolleginnen und Kollegen in den Vollzugseinrichtungen möglichst gering zu halten und Arbeitskraft möglichst schnell zu rekrutieren. Bei den einzelnen Vollzugseinrichtungen, dies zeigt die Erfahrung, stehen fast durchgängig 300 bis 400 unbesetzte Stellen zur Verfügung, was darauf hindeutet, dass die mit dem dezentralen Auswahlverfahren angestrebte schnelle Wiederbesetzung von freien und freiwerdenden Stellen nicht optimal funktioniert. Folglich müssen die Vor- und Nachteile der möglichen Verfahren jetzt neu abgewogen und bewertet werden.
Friedhelm Sanker