Wegstreckenentschädigung soll lediglich befristet erhöht werden
DBB und BSBD NRW haben bereits darüber berichtet, dass die „normale“
Wegstreckenentschädigung im Landesreisekostenrecht von 0,30 € auf 0,35 €
je gefahrenenen Kilometer bei der Benutzung eines privaten
Kraftfahrzeugs befristet für die Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2024
angehoben werden soll. Dies sieht der Referentenentwurf der
Landesregierung so vor. Dieser Absicht haben wir nachdrücklich
widersprochen und eine dauerhafte und angesichts der galoppierenden
Inflation zumindest kostendeckende Anhebung des Auslagenersatzes
angemahnt.
DBB und BSBD NRW haben seit Jahren eine Anpassung der
Wegstreckenentschädigung gefordert, weil diese seit langem nicht mehr
geeignet war, die tatsächlichen Kosten der dienstlichen Nutzung von
privaten Pkw auszugleichen. Die durch einen Mittelklasse-Pkw
entstehenden regelmäßig entstehenden Kosten bewegen sich nach
Expertenmeinung zwischen 0,60 € und 1,00 € je gefahrenen Kilometer.
Der Dienstherr hat die an sich regelmäßig notwendige Erhöhung der
Wegstreckenentschädigung seit Jahren unterlassen. Bislang haben die
Betroffenen diesen Umstand toleriert und ihren Pkw trotz unzureichender
Entschädigung für dienstliche Zwecke verwendet. Ob sie dies bei der
rasant steigenden Inflation und bei Energiekosten, die täglich
schwindelerregendere Höhen erklimmen, auch noch tun werden, darf stark
bezweifelt werden.
Auch in der Mittelschicht unserer Gesellschaft, zu der auch wir
Vollzugsbedienstete zählen, muss hart gespart werden, um den
Lebensunterhalt noch finanzieren zu können. Zudem darf bezweifelt
werden, ob diese irrsinnigen Erhöhungen, die am Gas- und Strommarkt
aufgerufen werden, gottgegeben sind.
Von der Politik wird vielmehr erwartet, dass die Verbraucher vor solchen
extremen Ausschlägen an den Märkten wirksam geschützt werden. Unsere
europäischen Nachbarn gehen dabei mit gutem Beispiel voran.
Offensichtlich haben deren Regierungen mehr Respekt vor ihren
Wählerinnen und Wählern. Oder die Bundesregierung vertraut darauf, sich
ihr zögerliches Handeln leisten zu können, weil die deutsche Bevölkerung
überaus leidensfähig ist und deshalb nicht aufbegehren wird.
Wenn man sich jetzt in Nordrhein-Westfalen schon durchgerungen hat, die
Wegstreckenentschädigung tatsächlich anzupassen, dann kann eine
Befristung dieser Maßnahme aber doch nicht ganz ernstgemeint sein.
Mindestens sechs Bundesländer haben die Wegstreckenentschädigung seit
Jahren bereits auf 35 Cent/km angehoben. Was NRW jetzt befristet tun
will, ist deshalb lediglich das Nachvollziehen einer bundesweit
fortgeschrittenen Entwicklung.
Selbst das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern billigen ihren
Beschäftigten eine höhere Entschädigung zu. Wenn das Land NRW nicht
riskieren möchte, dass die Kolleginnen und Kollegen ihre privaten Pkw
nicht mehr für dienstliche Zwecke nutzen, dann ist eine Überarbeitung
des Referentenentwurfs überfällig.
Auch der nordrhein-westfälischen Landesregierung wird bekannt gewesen
sein, dass die längst nicht mehr kostendeckende Wegstreckenentschädigung
in Höhe von 30 Cent/km faktisch einen Anachronismus darstellt.
In diesem Wissen die geplante befristete Anhebung um 5 Cent mit den
exorbitant gestiegenen Kraftstoffpreisen zu begründen, ist schon ein
couragiertes Vorgehen. Und dann noch in Aussicht zu stellen, die
Anhebung wieder absenken zu wollen, sollten die Spritpreise wieder
fallen, das zeugt schon von konsequenter Verdrängung der Fakten.
Mit der Wegstreckenentschädigung werden nicht nur die Spritkosten
ausgeglichen, sie dient auch der anteiligen Finanzierung des Unterhalts
und der Abschreibung des privaten Fahrzeugs. Wäre die Entschädigung auf
60 Cent/km befristet angehoben worden, dann hätte man für eine
Evaluierung nach zwei Jahren noch Verständnis aufbringen können. Eine
nicht kostendeckende Entschädigung nur geringfügig anzupassen und die
Anpassung unter Prüfungsvorbehalt zu stellen, dafür fehlt vielen
Betroffenen jedoch das Verständnis.
Etliche Kolleginnen und Kollegen, die bislang Dienstreisen mit dem
Privat-Pkw durchgeführt haben, werden jetzt schwer ins Grübeln geraten,
ob sie sich diese finanzielle Unterstützung des Dienstherrn künftig noch
leisten wollen oder noch leisten können.
Die Alternativen, Nutzung von Dienstfahrzeugen, wenn sie denn
ausreichend verfügbar sein sollten, oder von öffentlichen
Verkehrsmitteln, werden jedenfalls deutlich höhere Kosten verursachen,
weil in der Regel zusätzliche Arbeitszeit aufgewendet werden muss, um
Haltestellen und Bahnhöfe zu erreichen und auch der zeitliche Aufwand
für Anschlussverbindungen einzurechnen ist. Bei längeren Strecken wird
auch die relative Unzuverlässigkeit der Bahn einkalkuliert werden
müssen.
Es ist zu befürchten, dass der Referentenentwurf der Landesregierung die
Risiken für den Landeshaushalt nur unzureichend kalkuliert hat. Deshalb
ist das Kabinett Wüst gut beraten, das Gesetzesvorhaben angesichts der
schwierigen wirtschaftlichen Lage der Kolleginnen und Kollegen nochmals
zu überdenken und substanziell nachzubessern. Andernfalls wird wohl die
Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, ihre privaten Fahrzeuge für
dienstliche Zwecke zu verwenden, auf den Nullpunkt sinken.
Friedhelm Sanker