Verzicht auf Methadon-Substitution ist unmenschliche Behandlung
So hat heute der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg geurteilt. Dem Richterspruch lag eine Beschwerde eines in Bayern inhaftierten drogensüchtigen Straftäters zugrunde, dem über Jahre hinweg die wiederholt beantragte Substitutionsbehandlung verwehrt worden war.
In deutschen Vollzugseinrichtungen hat sich die Substitutionsbehandlung zwar durchgesetzt, trotzdem wird sie nicht flächendeckend in allen Einrichtungen praktiziert. Besonders in Bayern scheint diese Behandlungsmethode restriktiv angewandt zu werden.
Der Beschwerdeführer sah sich durch die wiederholte Ablehnung einer Methadon-Substitution in seinen Rechte verletzt. Er zählte zu den ersten Substitutionspatienten in der Bundesrepublik und wurde bereits 17 Jahre mit Methadon substituiert, ehe der bayerische Vollzug die Substitutionsbehandlung einstellte. Der Beschwerdeführer hielt diese in Bayern nicht unübliche Praxis für einen gravierenden Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Straßburger Richter gaben ihm heute Recht.
Die Straßburger Richter werteten den Verzicht auf die Fortführung der Substitution als unmenschliche Behandlung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die deutschen Behörden in diesem Fall nicht mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft hätten, was für den inhaftierten Patienten die effektivste Therapie darstelle. In der Konsequenz habe dies dazu geführt, dass der Gefangene physisch und psychisch habe leiden müssen.
Dem gleichzeitig geltend gemachten Schadensersatz entsprachen die Richter allerdings nicht. Der Straßburger Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig. Wenn der Richterspruch Rechtskraft erlangt, wird die Substitutionsbehandlung in vielen bundesdeutschen Vollzugseinrichtungen auf den Prüfstand gestellt und teilweise modifiziert werden müssen.