Tarifrunde für Bund und Kommunen: „Das ist ein Corona-Kompromiss“
Mit diesen Worten umriss der DBB-Chef Ulrich Silberbach die heute in Potsdam nach mehrmaliger Verlängerung der Verhandlungen gefundene Verständigung der Tarifparteien. Er begrüßte, dass für den Krankenhaus- und Pflegebereich mit der Einführung einer Pflegezulage, der Erhöhung von Intensiv- und Wechselschichtzulagen sowie des Samstagszuschlags Schritte in die richtige Richtung gemacht worden seien.
In diesem Bereich, so Silberbach, komme Wertschätzung für die Kolleginnen und Kollegen zum Ausdruck. Zudem sei die Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt verbessert worden.
Für die restlichen Bereiche, die vom Tarifvertrag betroffen seien, etwa Ordnungsämter, Jobcenter oder die allgemeine Verwaltung sei in dieser Tarifrunde nicht mehr durchzusetzen gewesen, erklärte Silberbach. Deshalb sei es wichtig, dass die von der Arbeitgeberseite angestrebte dreijährige Laufzeit des Vertrages verhindert worden sei.
Mittelfristig müssten für den systemrelevanten ganzen öffentlichen Dienst Mitarbeitermotivation und Konkurrenzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert werden, meinte der DBB-Chef. „Speziell diese beiden Themen werden in der nächsten Runde Anfang 2023 von zentraler Bedeutung sein müssen. Und wir hoffen darauf, dass die Corona-Krise dann hoffentlich längst Geschichte sein wird“, meinte Silberbach.
Auf zwei aus Gewerkschaftssicht wichtige Verhandlungserfolge machte Silberbach vor der DBB-Bundestarifkommission aufmerksam: „Wir haben die schrittweise Arbeitszeitangleichung Ost an West ab 2022 durchgesetzt und beim Thema ‚Arbeitsvorgang‘ haben wir die von den Arbeitgebern angestrebten Verschlechterungen bei der Eingruppierung verhindert. Das sind zwei wesentliche strukturelle Erfolge für uns und die Kolleginnen und Kollegen.“
DBB-Chef Silberbach äußerte abschließend die Erwartung, dass das erzielte Tarifergebnis wie in den vorhergehenden Runden zeitgleich und systemgerecht auf die Beamtinnen und Beamten, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger des Bundes übertragen werde.
- Lineare Erhöhung ab 1.4.2021 um 1,4% (mind. 50€, Azubis 25€) und ab 1.4.2022 um 1,8% (Azubis 25€), Laufzeit 28 Monate
- Erhöhung der Jahressonderzahlung um 5% (für die Entgeltgruppen E1-8)
- Eine einmalige Corona-Sonderzahlung (E1-8 600€, E9-12 400€, E13-15 300€, Azubis VKA 225€, Azubis Bund 200€)
- Eine monatliche Pflegezulage für alle Beschäftigten der P-Tabelle (1.3.2021 70€, 1.3.2022 nochmal 50€, insgesamt 120€)
- Absenkung der Arbeitszeit Ost auf das West-Niveau in zwei Schritten von 40 Stunden auf 39,5 (Januar 2022) und 39 Stunden (Januar 2023)
BSBD-Vorsitzender Ulrich Biermann und seine Vertreterin und BSBD-Tarifexpertin Birgit Westhoff haben das gefundene Tarifergebnis mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis genommen. Ulrich Biermann anerkannte, dass für den Pflegebereich ein ordentliches bis gutes Ergebnis herausgesprungen sei und speziell die unteren Einkommensgruppen gestärkt würden. Für die restlichen Betroffenen, so Biermann, werde mit der geringen linearen Erhöhung gerade einmal der Status quo gewährleistet.
Die Absicht der Arbeitgeber, die Corona-Pandemie für einen für sie günstigen Abschluss zu nutzen, sagte Biermann, sei allerdings gescheitert, dafür sei der Abschluss zu hoch ausgefallen, speziell für den Krankenhaus- und Pflegebereich. Diese Zugeständnisse der Arbeitgeber, so der BSBD-Chef, seien allerdings auch dafür verantwortlich, dass die Gewerkschaften sich in den restlichen Bereichen nicht durchsetzen konnten. Dafür wären angesichts der Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite längere flächendeckende Streiks notwendig geworden, die aber das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger in der aktuellen Situation gekostet hätten.
Birgit Westhoff machte darauf aufmerksam, dass dieser Abschluss keine unmittelbare Bedeutung für den Tarifbereich der Länder habe, allerdings alle Möglichkeiten eröffne, in 2022 einen Tarifabschluss durchzusetzen, der deutlich oberhalb der Inflationsraten liege. „Wenn wir die Pandemie bis dahin überwunden haben, können wir unseren Verhandlungen doch mit einigem Optimismus entgegensehen. Immerhin haben die Arbeitgeber anerkannt, dass gutes Personal nur zu bekommen ist, wenn auch die Bezahlung stimmt“, wagte Westhoff einen positiven Blick in die Zukunft.
Friedhelm Sanker