Einkommensrunde 2019: „Es hätte ruhig etwas mehr sein dürfen!“
Heute haben die Gewerkschaften ihre Forderung für die Einkommensrunde 2019 in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert. Sechs Prozent mehr Einkommen, mindestens 200 Euro, halten DBB-Chef Ulrich Silberbach und der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske für völlig angemessen. Die Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst müssen nach Ansicht der Gewerkschafter Anschluss halten, damit sie gegenüber Privatwirtschaft und den Bundes- und Kommunalbeschäftigten nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten.
Ulrich Silberbach vermutete gegenüber den Medienvertretern, dass die Arbeitgeberseite bereits aus Eigennutz schnell abschlussbereit sein müsse. Schließlich führe die demografische Entwicklung dazu, dass der Ersatzbedarf nicht mehr angemessen befriedigt werden könne. Einige Arbeitgeber gingen bereits dazu über „Kopfprämien“ auszuloben. Folglich, so Silberbach, müsse die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ein hohes Interesse daran haben, die Einkommenssituation ihrer Beschäftigten nachhaltig zu verbessern.
Die am 20. Dezember 2018 vorgestellte Einkommensforderung der Gewerkschaften für die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist nach Silberbachs Auffassung moderat und ausgewogen. Er sieht einen entsprechenden Abschluss als zwingend an, wenn die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht noch weiter leiden solle. „Das gilt natürlich für angestellte und verbeamtete Beschäftigte gleichermaßen. Das Volumen des Tarifergebnisses ist daher zeitgleich und systemgerecht auf den Beamten- und Versorgungsbereich zu übertragen“, stellte der DBB-Chef klar.
Silberbach prognostizierte allerdings auch harte Verhandlungen, weil die Erfahrung zeige, dass die TdL immer erst reagiere und zu Zugeständnissen bereit sei, wenn es nicht mehr anders gehe und der Druck zu groß werde. Er, Silberbach, habe deshalb auch wenig Hoffnung, dass sich die Strategie der TdL ändern werde. DBB-Vize und Vorsitzender der Bundestarifkommission Volker Geyer ergänzte, dass es dem DBB bei der linearen Forderung und auch bei den strukturellen Komponenten neben der linearen Einkommensverbesserungen vor allem auch um mehr Wertschätzung für die Kolleginnen und Kollegen gehe. „Im Pflegebereich oder im Sozial- und Erziehungsdienst genauso wie bei Finanzverwaltung, Polizei, Justizvollzug und Bildung haben Eingruppierungsfragen ganz zentral auch mit Wertschätzung zu tun. Die Betroffenen schauen genau hin, was die Arbeitgeber hier anbieten“, machte Geyer die Erwartungshaltung der Betroffenen deutlich.
Der DBB-Chef Ulrich Silberbach, prangerte speziell das Ausufern von sachgrundlosen Befristungen beim Abschluss von Arbeitsverträgen an. „Seit Jahren fordern wir ein Ende dieser unhaltbaren Praxis. Statt Befristungsweltmeister zu werden, sollte der öffentliche Dienst Auszubildende und Fachkräfte langfristig an sich binden. Dies geht nur mit unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen“, bezog Silberbach Position.
6 Prozent mehr Einkommen, mindestens 200 Euro (Laufzeit: 12 Monate). Eine angemessene und zukunftsfähige Entgeltordnung für den TV-L. Die Erhöhung der Pflegetabelle um 300 Euro. Ein Fahrplan für die Einführung der Paralleltabelle im Bereich der Lehrkräfte. Stufengleiche Höhergruppierung. Festbetrag für Auszubildende in Höhe von 100 Euro.
In Düsseldorf begrüßte BSBD-Chef Peter Brock das Forderungspaket der Gewerkschaften. „Wir haben die Forderungen im Rahmen von Branchentagen mit der gewerkschaftlichen Basis abgestimmt und sind guter Hoffnung, dass die Kolleginnen und Kollegen bereit sind, für Ihre Interessen auch auf den Straßen der Republik Präsenz zu zeigen, sollten die Tarifverhandlungen einmal ins Stocken geraten. Denn auch bei dieser Tarifrunde ist abzusehen, dass die Arbeitgeberseite sich als hartleibig erweisen wird“, mahnte Brock zur Wachsamkeit.
Die Übertragung auf den Beamten- und Versorgungsbereich, wird sich voraussichtlich als schwierig erweisen, weil in den Abschluss die strukturellen Verbesserungen, die es vermutlich geben wird, eingerechnet werden. Da Beamte hiervon allerdings nicht profitieren, muss dies zwingend der linearen Anhebung der Einkommen in entsprechendem Umfang zu Gute kommen. „Insgesamt hat der BSBD eine höhere Forderung präferiert, als sie jetzt erhoben wird. Mit dieser Position haben wir uns nicht durchsetzen können. Deshalb drängt der BSBD nachdrücklich darauf, die Laufzeit auf maximal 12 Monate zu begrenzen. Für die unteren Einkommen wirken sich die 200 Euro-Mindestforderung prozentual in einer Weise positiv aus, die sich der BSBD für alle Betroffenen unabhängig vom Einkommen gewünscht hätte“, machte Peter Brock seine Kritik an der Forderungsfindung deutlich.
Peter Brock wies zudem darauf hin, dass die Rahmenbedingungen für diese Tarifrunde noch recht gut seien, ob dies künftig noch der Fall sein werde, stehe in den Sternen. Bereits jetzt beginne sich das Wirtschaftswachstum einzutrüben. „Deshalb müssen wir in dieser Tarifrunde das Eisen schmieden solange es heiß ist. Wer jetzt nicht rückhaltlos für seine Interessen kämpft, der wird in den kommenden Jahren vermutlich das Nachsehen haben“, rief der BSBD-Chef zu verstärktem Engagement auf.
Hintergrund:
Von den Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind rund 3,3 Millionen Beschäftigte betroffen: Eine Million Tarifbeschäftigte der Länder (ohne Hessen, das nicht Mitglied der TdL ist und gesondert Verhandlungen führt), für die der TV-L direkte Auswirkungen hat, sowie rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger in Ländern und Kommunen (ohne Hessen), auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Die Tarifverhandlungen starten am 21. Januar 2019 in Berlin, danach sind zwei weitere Verhandlungstermine für den 6./7. Februar 2019 und 28./29. Februar/1. März 2019 (beide in Potsdam) vereinbart worden.
Friedhelm Sanker