Beihilfe: Sensation aus Sachsen
Seit Jahren erleiden die öffentlichen Arbeitgeber Schiffbruch vor dem Bundesverfassungsgericht, wenn es um die Alimentierung von kindereichen Beamtenfamilien geht. Hier erwiesen sich die Dienstherren in der Vergangenheit regelmäßig als zu knauserig. Jetzt aber unternimmt der Freistaat Sachsen einen Befreiungsschlag.
Für Lebenspartner und mindestens zwei Kinder soll die Beihilfe in Sachsen künftig auf 100 Prozent festgesetzt werden. Der Beihilfeberechtigte selbst soll 90 Prozent Beihilfe erhalten, so dass nur noch 10 Prozent durch eine private Krankenversicherung abgesichert werden müssen. Für die restlichen Familienangehörigen wäre keine Versicherung mehr erforderlich.
Das sächsische Gesetzeswerk soll 2024 in Kraft treten. Es wäre eine Regelung, die den Alimentationsgedanken folgerichtig weiterentwickelt. Für die Betroffenen wäre eine solche Regelung überaus vorteilhaft, weil sie ihren Status als Privatpatient behielten, gleichzeitig allerdings einen geldwerten Vorteil in einer Größenordnung von monatlich mindestens 350 Euro realisieren könnten.
Man muss neidlos anerkennen, dass Sachsen mit diesem Gesetzentwurf eine dienstrechtliche Innovation gelungen ist, die als bundesweites Beispiel dienen könnte. Es bleibt zu hoffen, dass Sachsen die gesetzgeberische Kraft aufbringt, diesen Gesetzentwurf ohne große Veränderungen und Verwässerungen durch das Gesetzgebungsverfahren zu bringen.
Dabei müssten, und das sollte jetzt auch einmal angesprochen werden, die Beihilfesätze für Einzelpersonen, Ehepaare und Ehepaare mit nur einem Kind angemessen erhöht werden, weil sonst der Abstand zur jetzt geplanten sächsischen Regelung unvertretbar groß würde.
Die schwarz-grüne Landesregierung in NRW hat mit ihrem Koalitionsvertrag eine andere Weichenstellung vorgenommen. Am Beginn des Beamtenverhältnisses soll einmalig ein Wahlrecht ausgeübt werden können, sich zwischen einer pauschalen Beihilfe in Höhe des jeweiligen Arbeitgeberbeitrages zu einer Krankenvollversicherung und einer individuellen Beihilfe zu entscheiden.
Dies wäre gegenüber der Planung in Sachsen die deutlich schlechtere Alternative, weil man nur einen geringen finanziellen Vorteil hätte. Als Mitglied in einer Gesetzlichen Krankenkasse (GKV) wird monatlich ein prozentual festgesetzter Anteil der Besoldung als Beitrag gezahlt. Familienangehörige sind mitversichert. Der Status als Privatpatient muss aufgegeben werden. In der Privatversicherung (PKV) muss jede Person einzeln versichert werden.
In der GKV steigen die Kosten für die Krankenversicherung mit jeder Einkommensverbesserung und durch Anhebung des gesetzlich bestimmten Prozentsatzes für den paritätisch zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrag. In der PKV werden die Beiträge erhöht, wenn sie nicht mehr auskömmlich sind, um die anfallen Krankenkosten der Versicherten zu decken.
In einem Interview mit dem DBB NRW-Vorsitzenden hat der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, MdL Henning Höne, zu den Vorstellungen der Regierung festgestellt, dass die Verabredungen von Schwarz-Grün den Einstieg in den Ausstieg aus der privaten Krankenversicherung bedeuteten.
Die Grünen favorisieren in dieser Hinsicht bekanntermaßen die Bürgerversicherung. Da dieses Ziel nicht direkt zu erreichen sei, versuche man diese Einheitsversicherung mit der pauschalierten Beihilfe auf einem Umweg zu erreichen. Je mehr Beamtinnen und Beamte sich für die gesetzliche Krankenversicherung entschieden, umso mehr werde das bislang so bewährte duale Krankenversicherungssystem von GKV und PKV destabilisiert, erklärte der FDP-Politiker. Es drohe daher in Wahrheit die Einheitsversicherung. Dieses Ziel werde nicht mehr direkt benannt, wohl weil es auf beträchtlichen Widerstand stößt, sondern auf indirektem Wege schleichend angestrebt.
Für die Betroffenen wäre die Regelung aus dem sächsischen Gesetzentwurf eine wesentliche Komponente zur nachhaltigen Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes. Wir werden diese Situation intensiv beobachten. Sollten die Vorstellungen der sächsischen Landesregierung Gesetzeskraft erlangen, wäre dies selbstverständlich auch für Nordrhein-Westfalen beispielgebend. Gemeinsam mit dem DBB NRW wird der BSBD NRW darauf drängen, Vergleichbares auch für die Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen im Beihilfenrecht des Landes zu verankern.
Friedhelm Sanker