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Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat die Befragung von Arbeitnehmer nach ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit für unzulässig erklärt.

Tarifeinheit: Bundesarbeitsgericht erklärt das Erfragen der Gewerkschaftszugehörigkeit für unzulässig

Es könnte sich als Todesurteil, zumindest aber als Sargnagel für das Tarifeinheitsgesetz von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erweisen, das gestrige Urteil des Bundesarbeitsgerichts (1 AZR 257/13), mit dem entschieden worden ist, dass die Befragung von Arbeitnehmern, ob sie einer bestimmten Gewerkschaft angehören, die Koalitionsbetätigungsfreiheit der betroffenen Gewerkschaft in unzulässiger Weise einschränken kann.

Zu entscheiden hatten die Richter über die Klage der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Die beklagte Arbeitgeberin gehört dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern e.V. (KAV Bayern) an. Diese schloss im Jahr 2006 mit ver.di und der dbb tarifunion jeweils einen gleichlautenden „Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe Bayern“.

Nach Kündigung der Verträge schloss die Arbeitgeberin einen Vertrag mit ver.di, während die dbb tarifunion die Verhandlungen am 25. August 2010 für gescheitert erklärte und eine Urabstimmung über Streikmaßnahmen ankündigte. Mit Schreiben vom selben Tag forderte die Arbeitgeberin die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf, unter Angabe von Name und Personalnummer mitzuteilen, ob man Mitglied in der GDL ist oder nicht.

Die GDL hat von der Arbeitgeberin verlangt, dieses Vorgehen zu unterlassen, die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer nach einer Mitgliedschaft in der GDL zu befragen. Eine solche Frage verletze ihre durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit und sei generell unzulässig.

Die Erfurter Richter erklärten die Fragebogenaktion mit dem o.a. Urteil für unzulässig, weil in die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG eingegriffen werde. Die von den Arbeitnehmern verlangte Auskunft verschafft der Arbeitgeberin genaue Kenntnis vom Umfang und Verteilung des Mitgliederbestands der GDL im Betrieb. Sie zielt nach Art und Weise der Befragung während einer laufenden Tarifauseinandersetzung mit Streikandrohung darauf ab, den Verhandlungsdruck der GDL unter Zuhilfenahme ihrer eigenen Mitglieder zu unterlaufen. Das von der Arbeitgeberin vorgebrachte Interesse, die mit ver.di erzielte Tarifeinigung umzusetzen, rechtfertigt nach Ansicht der Richter eine solche Befragung nicht.

Diese Entscheidung dürfte ein schwerer Schlag für das Tarifeinheitsgesetz der Bundesregierung sein, das sich derzeit im Stadium der Ressortabstimmung befindet. Mit dem Gesetz wird vorgesehen, Arbeitskampfsituationen über einen Zählmechanismus zu regeln, bei dem es um die Gewerkschaftszugehörigkeit geht. Genau das aber haben die Bundesarbeitsrichter mit dieser Entscheidung eindeutig für unzulässig erklärt. Die Bundesregierung wäre sicher gut beraten, endlich einzusehen, dass jeder Versuch, den Grundsatz „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gesetzlich zu verwirklichen, unweigerlich und in unzulässiger Weise in die grundgesetzlich garantierte Koalitionsfreiheit eingreifen dürfte.


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