Nachtragshaushalt 2016: Landesregierung handelt, springt aber erheblich zu kurz!
Aus der immer noch krisenhaften Situation, die durch den massenhaften Zustrom von Migranten, reisende Straftäter, aber auch durch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) geprägt wird, hat sich eine unverkennbare Protesthaltung in der Gesellschaft entwickelt. Denn jetzt wird langsam erkennbar, dass wirtschaftliche Belastungen bislang ungekannten Ausmaßes auf uns zukommen werden.
Selbst in einer so reichen Volkswirtschaft wie der unsrigen wird sich die Verschärfung der Verteilungskämpfe kaum vermeiden lassen. Deshalb ist es überaus begrüßenswert, wenn es die Landesregierung jetzt mit ihrem Nachtragshaushalt unternimmt, auf diese Entwicklung mit der Stärkung des Bereichs der Inneren Sicherheit zu reagieren. Leider springt Rot-Grün bei diesem ersten Versuch erheblich zu kurz.
Die massenhaften Übergriffe an Silvester in Köln und wohl auch der exorbitante Anstieg der Einbruchdiebstähle in Nordrhein-Westfalen haben ein Handeln der Regierung faktisch erzwungen. Allein diese unerfreulichen Entwicklungen sind geeignet, das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger nachhaltig zu beschädigen. Seit Anfang des Jahres hat ein beispielloser Run auf den Erwerb von Schreckschusspistolen und Pfeffersprays eingesetzt. Die Menschen fühlen sich offensichtlich im öffentlichen Raum nicht mehr sicher.
Dass sich die Duisburger Polizeipräsidentin nunmehr darangemacht hat, No-Go-Stadtteile zu verhindern, trägt auch nicht zur Beruhigung der Lage bei, ist in diesem Bemühen doch das unausgesprochene Eingeständnis enthalten, dass das Gewaltmonopol des Staates in einigen Bereichen unserer Städte zunächst zurückgewonnen werden muss.
Es war deshalb ein begrüßenswerter Schritt der Landesregierung, im Bereich der Inneren Sicherheit personell aufzurüsten. Mit dem Nachtragshaushalt hat man sich leider nur auf Polizei und Justiz beschränkt. Für den Bereich des Strafvollzuges, der immerhin die Hauptlast notwendiger Verhaltensänderung bei verurteilten Straftätern wird tragen müssen, sieht der Nachtragshaushalt keine Verbesserungen vor. Dies ist nicht nur bedauerlich, sondern eine völlig unverständliche Prioritätensetzung. Nordrhein-Westfalen weist bereits jetzt im Vergleich zu den anderen Bundesländern eine der schlechtesten Personalausstattungen im Strafvollzug auf. Es wird leider wieder einmal an der falschen Stelle gespart.
Es hätte vielmehr nahegelegen, den personellen Fehlbestand, den der BSBD derzeit immerhin auf 1.000 Personalstellen beziffert, sukzessive abzubauen. Stattdessen nimmt die rot-grüne Landesregierung die sich abzeichnenden Belastungen des Vollzuges augenscheinlich billigend in Kauf. Dies kann keinesfalls akzeptiert werden. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten jetzt bereits an der maximalen Belastungsgrenze.
Die Vollzugseinrichtungen haben sich nach der Weihnachtsamnestie in den ersten Monaten des Jahres schneller als erwartet gefüllt. Der von Ministeriumsvertretern öffentlich vermutete Frühjahrsrückgang der Gefangenenzahlen lässt auf sich warten. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die in den vergangenen Jahren zu beobachtende Belegungsdelle in diesem Jahr ausbleiben wird.
Ein geordnetes gesellschaftliches Zusammenleben ist nur dann möglich, wenn die Bürgerinnen und Bürger die Rechtsordnung und das Gewaltmonopol des Staates anerkennen und respektieren. Fühlen sich die Bürger durch den Staat jedoch nicht mehr ausreichend geschützt, weil er Straftaten nur noch unzureichend verhindert, dann schwindet das subjektive Sicherheitsempfinden im öffentlichen Raum. Verbreitet sich dieses Gefühl, radikalisieren sich nicht nur politische Einstellungen und Ansichten, dann rüsten viele Bürgerinnen und Bürger auf. Eine solche Entwicklung birgt die Gefahr, dass jeder Konflikt und jede Auseinandersetzung eskaliert und die Gesellschaft insgesamt gewaltbereiter wird.
Der Staat ist daher gut beraten, auf absehbare Gefahren zeitnah zu reagieren, um einer solchen Entwicklung vorzubeugen und das Vertrauen in die staatliche Ordnung zu stärken. Erforderlich sind dabei aber nicht nur polizeiliche Ermittlungsarbeit und die strafrechtliche Sanktionierung von regelwidrigem Verhalten, dass wesentlichste Element sollte vielmehr ein auf Verhaltensänderung angelegter Strafvollzug sein.
Gerade zugezogene Kleinkriminelle aus nordafrikanischen Ländern, die zudem auch vor sexuellen Übergriffen im öffentlichen Raum nicht zurückschrecken, betrachten den Umgang des deutschen Staates mit seinen Bürgern eher als Ausdruck einer verweichlichten westlichen Liberalität, die man für unlautere Absichten nutzen kann, von der man sich aber nicht abschrecken oder beeindrucken lässt. Besonders ausgeprägt sind solche Einstellungen bei Menschen, die in ihren Herkunftsländern bereits Erfahrungen mit einem rigoroseren Agieren der staatlichen Sicherheitsorgane sammeln konnten oder mussten.
Gerade diese Tätergruppe zu Verhaltensänderungen zu bewegen, stellt eine große Herausforderung dar. Sind Straftaten begangen worden, die zu Freiheitsstrafen ohne Bewährung führen, ist der Strafvollzug der richtige Ort, um zielgerichtete Behandlung zu realisieren, die sich als konsequent erweist und die den unbedingten Respekt vor der hier geltenden Rechtsordnung vermittelt. Ein solches Ziel wird sich aber nur erreichen lassen, wenn ein für diese Tätergruppen entwickeltes Behandlungskonzept strikt umgesetzt wird.
Erfahrungen mit einer vergleichbaren Tätergruppe hat der Strafvollzug Ende der 1990er Jahre machen müssen. Damals stellten „Russlanddeutsche“ das System vor gewaltige Herausforderungen. Der Strafvollzug tat sich lange Zeit sehr schwer, bis man einen effektiven Behandlungsansatz gefunden hatte. Bis dahin brachte diese Tätergruppe so manche nordrhein-westfälische Vollzugseinrichtung an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Die Kolleginnen und Kollegen fühlten sich mit einem gesellschaftlichen Problem allein gelassen.
Auf eine Wiederholung solch destabilisierender Entwicklungen sollten wir aus guten Gründen verzichten. Wegen der mit einer vergleichbaren Klientel gewonnenen Erfahrungen ist es unverständlich, dass die Landesregierung die dringend notwendige personelle Vorbereitung des Vollzuges auf diese Herausforderungen unterlässt.
Dies ist aus Sicht des BSBD ein schwerer politischer Fehler. Er nimmt die Destabilisierung des Rechtssystems ebenso in Kauf, wie den Verzicht auf eine wirksame Einwirkung auf diese Tätergruppe während der Strafverbüßung. Die Landesregierung ist aufgefordert, jetzt das erforderliche Geld in die Hand zu nehmen, um den Strafvollzug in die Lage zu versetzen, die effektive Behandlung dieser Tätergruppe tatsächlich bewirken zu können.
Den Strafvollzug einfach mit dieser Klientel zu konfrontieren und zu belasten, ohne dass ein Behandlungskonzept vorhandenen ist und ohne das erforderliche Personal bereitzustellen, würde bedeuten, der Inneren Sicherheit in unserem Land erheblichen Schaden zuzufügen. Insoweit sieht der BSBD auch den Justizminister in der Pflicht, im Kabinett für den Strafvollzug vernünftige Rahmenbedingungen durchzusetzen. Sich abermals durch den Finanzminister „über den Tisch ziehen zu lassen“, sollte im Interesse der Sache uund eines wirksamen Vollzuges keine Option sein.
Friedhelm Sanker