BSBD-Befürchtungen bewahrheiten sich: Corona-Ausbruch in der JVA Hövelhof
Die JVA Hövelhof, eine Einrichtung des offenen Jugendvollzuges, hat Ende letzter Woche exemplarisch durchlebt, wie dramatisch sich ein Infektionsgeschehen in der räumlichen Enge des Vollzuges auszubreiten vermag. Nach Lockerungen und Außenarbeitseinsätzen wurden achtzehn junge Gefangene positiv getestet. Über das Wochenende und zu Beginn dieser Woche infizierten sich weitere rd. zwanzig Inhaftierte. Kolleginnen und Kollegen sind bislang nicht betroffen.
Dieser Fall verdeutlicht beispielhaft, wie schnell sich Infektionen in einer Zwangsgemeinschft ausbreiten können. Glücklicherweise sind die Kapazitäten der Einrichtung lediglich zur Hälfte ausgeschöpft, so dass genügend Möglichkeiten bestanden, Infizierte von Nichtinfizierten zu trennen. In der JVA Hövelhof sitzen aktutuell 119 junge Gefangene ein.
Nach Ostern war der Arbeitseinsatz außerhalb der Anstalt wieder aufgenommen worden und auch Lockerungen wurden wieder genehmigt. Um die hiermit verbundenen Risiken beherrschen zu können, wurden bei der Rückkehr in die Einrichtung Schnelltests durchgeführt. Als drei Tests positiv ausfielen, wurden die betroffenen Gefangenen separiert und die Testungen ausgeweitet. Bis zum vergangenen Freitag wurden bei achtzehn der jungen Männern Corona-Infektionen nachgewiesen. Zwischenzeitlich sind annähernd vierzig junge Männer mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 infiziert.
Der Kreis Paderborn erließ aufgrund des Infektionsausbruchs eine Allgemeinvberfügung, mit der umfangreiche Quarantänemaßnahmen angeordnet wurden, die bis zum 20. April befristet sind. Die jungen Gefangenen dürfen in dieser Zeit die Vollzugseinrichtung nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen. Für Gefangene, die zur Arbeit oder Ausbildung in Unternehmen außerhalb der JVA Hövelhof eingesetzt waren, hat dies zur Foge, dass sie ihrer Arbeit derzeit nicht nachgehen können.
Von den 145 Kolleginnen und Kollegen hat sich bislang niemand angesteckt, so dass zumindest von dieser Seite keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Einrichtung droht. Die Anstaltsleitung zeigte sich erfreut über die bislang milden Krankheitsverläufe und hofft, dass die Betroffenen komplikationslos genesen. Positiv anzumerken ist, dass das Gesundheitsamt des Kreises Paderborn alle Kolleginnen und Kollegen der JVA Hövelhof durchimpfen lassen will. Hier haben Verantwortliche einmal eine richtige Schlußfolgerung aus einem Corona-Ausbruch gezogen!!
Unverständlich ist hingegen immer noch die Ignoranz, mit der die politisch Verantwortlichen, und hier speziell der Gesundheitsminister, die Warnungen des BSBD in den Wind schlägt. Der Corona-Ausbruch in der JVA Hövelhof bestätigt die explosive Dynamik, die Infektionen in Vollzugseinrichtungen entfalten, weil man sich hier einfach nicht aus dem Weg gehen kann.
Obwohl alle Einrichtungen über ausgepfeilte Schutz- und Hygienekonzepte verfügen, konnte der Hövelhofer Infektionsausbruch nicht verhindert werden. Spätestens jetzt sollten bei der Politik alle Alarmglocken läuten und die vorhandenen Handlungsoptionen gezogen werden. In der 3. Welle der Pandemie sollten wir kaum beherrschbare Ausbrüche in Vollzugseinrichtungen möglichst verhindern. Mit Hövelhof hat es eine Einrichtung getroffen, die kein allzu großes Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit darstellt.
Aus der Hamburger Untersuchungshaftanstalt wird heute berichtet, daß acht Kolleginnen und Kollegen sowie vier Gefangene positiv auf Corona gestestet wurden. Aufgrund dieses Ausbruchs sollen nun alle Kolleginnen und Kollegen sowie die untergebrachten Gefangenen getestet werden. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.
Allein dieser noch überschaubare Ausbruch hat bereits dazu geführt, dass Hauptverhandlungen in Strafprozessen verschoben werden mussten. Führt die weitere Testung zum Nachweis weiterer Infektionen, dann wird die Einrichtung sehr schnell an die Grenze ihrer Funktionsfähigkeit stoßen. Die Politik sieht jetzt, dass die Warnungen des BSBD nicht aus der Luft gegriffen sind, sondern einen realen Hintergrund haben. Die Verantwortlichen können nicht mehr länger die Augen vor den Infektionsrisiken im Vollzug verschließen. Jetzt ist die Zeit gekommen, um die Kolleginnen und Kollegen vorrangig zu immunisieren.
Friedhelm Sanker