Beihilfen: Soll mit Bertelsmann-Studie Politik gemacht werden?
SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen streben seit Jahren an, speziell die Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung zu überführen. Sie glauben, die dort bestehenden Finanzierungsschwierigkeiten so endgültig beseitigen zu können. Eine Bertelsmann-Studie kommt jetzt erstaunlicherweise zu dem Ergebnis, dass sich mit einer solchen Bürgerversicherung die öffentlichen Kassen bis zum Jahr 2030 um insgesamt 60 Milliarden Euro entlasten ließen. Damit kollidiert das Ergebnis der Studie in signifikanter Weise mit den tatsächlichen Erfahrungen mit dem Beihilfensystem.
Bislang hat die Praxis gezeigt, dass die Aufwendungen für Beihilfen im Krankheitsfall regelmäßig jene Kosten unterschreiten, die als Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Krankenversicherung hätten aufgewendet werden müssen. Ursächlich hierfür ist der Umstand, dass Beihilfen nur im konkreten Krankheitsfall gezahlt werden, gesunde Staatsdiener folglich überhaupt keine Kosten verursachen. Arbeitgeberanteile müssten hingegen jeden Monat aufgebracht werden, egal ob ein Krankheitsfall eintritt oder nicht. Daneben wirken sich die eingeführten Kostendämpfungspauschalen kostenmindernd für den Staat aus, weil er für diese Pauschalbeträge gar keine Beihilfen gewährt.
Speziell die Finanzminister sind daher auch überaus skeptisch, ob die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie wirklich belastbar sind. Und diese Skepsis sollten sie sich auch bewahren. Um ein ordentliches Einsparvolumen identifizieren zu können, geht die Studie von einer annähernden Verdoppelung der Kosten für Beihilfeleistungen bis zum Jahr 2030 aus. Für diese hohe Kostensteigerung sollen überwiegend die Pensionäre verantwortlich sein, deren Zahl in den kommenden Jahren ansteigen werde.
Die Bertelsmann-Stiftung fordert auf der Basis der vorgestellten Studie nicht mehr und nicht weniger als die Abschaffung der Beihilfe für Beamte. Im Jahr der Bundestagswahl positioniert sich eine unternehmensnahe Stiftung gegen vermeintliche Privilegien von Beamten. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Zeitpunkt der Studie mit Bedacht gewählt wurde. Während mit Blick auf das Gesundheitswesen die Pharmazieunternehmen und die Leistungserbringer geschont werden, wird mit dem Finger auf die ach so privilegierten Beamten gezeigt.
Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Was läge da näher, als die Kosten auf dem Niveau vergleichbarer Industrienationen zu begrenzen und auch einmal zu überlegen, ob wir uns die sehr teure Selbstverwaltung der Leistungserbringer tatsächlich leisten sollten. Anstatt solche großen Einsparpotenziale aufzuspüren, die im Gesundheitswesen zuhauf vorhanden sind, schlägt die Bertelsmann-Studie eine andere Richtung ein. Sie will offensichtlich die Leistungserbringer und die Pharmaindustrie schonen und stattdessen die Einnahmenseite verbessern. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Angesichts der durch den DBB bereits fundiert kritisierten Grundannahmen und Prognosen der Bertelsmann-Studie scheint es mit deren Seriosität nicht weit her zu sein. Es darf daher vermutet werden, dass es sich weniger um eine fundierte wissenschaftliche Expertise als vielmehr um knallharte Lobbyarbeit handelt, die die Politik zu einem interessengeleiteten Handeln veranlassen soll.
In Düsseldorf hat BSBD-Chef Peter Brock klargestellt, dass die Beihilfe ebenso wie die Besoldung und die Versorgung wesentlicher Bestandteil der Alimentation von Beamten durch ihren jeweiligen Dienstherrn ist und damit unter dem Schutz des Artikels 33 Abs. 5 des Grundgesetzes steht. „Die Bertelsmann-Studie zielt erkennbar darauf ab, jene politischen Kräfte zu unterstützen, die aus ideologischer Motivation heraus der Forderung nach einer Bürgerversicherung das Wort reden. Bislang ist der Staat mit dem Beihilfesystem kostengünstig gefahren. Vorsicht und Skepsis hinsichtlich der Prognosen der Bertelsmann-Studie sind daher mehr als angebracht. Für den BSBD sage ich deshalb unmissverständlich: ‚Hände weg vom bewährten System der Beihilfen!‘“, kritisierte der Gewerkschafter die Bertelsmann-Studie als tendenziös und erkennbar interessengeleitet.
Friedhelm Sanker