Das Tarifeinheitsgesetz war ein Anschlag von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf die Gewerkschaftspluralität in Deutschland. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll künftig nur noch jener Tarifvertrag gelten, der mit der mitgliederstärksten Gewerkschaft in einem Betrieb geschlossen worden ist.
Eine solche Regelung greift nach Einschätzung vieler Verfassungsexperten unzulässig in die Koalitionsfreiheit ein. Trotzdem hat das Bundesverfassungsgericht das Gesetz nicht gänzlich für verfassungswidrig erklärt, sondern lediglich Nachbesserungen bis Ende 2018 vom Bundesgesetzgeber verlangt. Für den DBB hat Vorsitzender Klaus Dauderstädt deshalb erklärt: „Der DBB wird gegen das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen.“
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte das stark kritisierte Tarifeinheitsgesetz (TEG) für teilweise verfassungswidrig befunden und den Gesetzgeber aufgefordert, das Gesetz bis Ende 2018 nachzubessern. Viele Experten zeigten sich überrascht von dieser Entscheidung, hatte man doch erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht das gesamte Gesetz kassieren würde.
Auch zwei Verfassungsrichter hatte ihre abweichende Meinung dezidiert zu Protokoll gegeben. Mit dem Tarifeinheitsgesetz sollten wohl auch die mitgliedertechnisch schwindsüchtigen DGB-Gewerkschaften gestärkt werden. Zuletzt kamen allerdings Zweifel auf, ob dieses Ziel mit dem Gesetz überhaupt zu erreichen ist. Auch DGB-Gewerkschaften, allen voran Verdi, kritisierten das Gesetz scharf. Dauderstädt erklärte gestern vor der Presse, dass man weiter juristisch gegen das Gesetz vorgehen und sich nicht nur auf die Politik verlassen werde.
Nach der Bundestagswahl werden die DBB-Gewerkschaften jedoch auch verstärkt im politischen Raum dafür werben, um das Tarifeinheitsgesetz in Gänze zu Fall zu bringen. BSBD-Chef Peter Brock erklärte in Mönchengladbach: „Unser Ziel ist es, die absehbaren Eingriffe in das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht der Koalitionsfreiheit zu verhindern. Wohin ein geringer gewerkschaftlicher Organisationsgrad führen kann, ist derzeit in Deutschland zu beobachten. Der Niedriglohnsektor hat sich in den letzten zehn Jahren auf zwanzig Prozent erhöht. Unternehmen fühlen sich bereits stark genug, mit Repressalien zu reagieren, wenn sich Arbeitnehmer organisieren wollen. Hier muss jetzt dringend gegengesteuert werden. Die betroffenen Menschen haben faktisch keine Möglichkeit, am gesellschaftlichen Erfolg der Wirtschaft teilzuhaben. Das verursacht enormen gesellschaftlichen Sprengstoff.“
Friedhelm Sanker