Seit Anfang der 1970er Jahre hat sich ein duales System der Aufgabenwahrnehmung bei der beruflichen Qualifizierung von Strafgefangenen herausgebildet. Auslöser für diese Entwicklung war ein Fachkräftemangel im Werkdienst, so dass der damals durch die Errichtung etlicher neuer Vollzugseinrichtungen hervorgerufene steigende Bedarf nicht zeitnah mit eigenen Kräften gedeckt werden konnte.
Dies war die Stunde des Berufsfortbildungswerkes (BfW) des DGB und des Kolpingwerkes. Die Verantwortlichen erkannten schnell, dass in dieser Nische der Ausbildung Geld zu verdienen war und nutzten sie. Zwischenzeitlich kommt dieses System jedoch an seine Grenzen und ist dringend reformbedürftig, weil die Qualität der Ausbildung zu leiden beginnt.
Die Justizverwaltung war seinerzeit an einer qualitativ hochwertigen Ausbildung von Delinquenten interessiert, die noch in den Kinderschuhen steckte. Folglich ersann man ein Verfahren, dass für alle Beteiligte lukrativ und vorteilhaft war. Die Justiz bekam auf die Schnelle Ausbilder in jenen Fachbereichen, in denen sie den Personalbedarf nicht selbst zu decken vermochte, die beteiligten Institutionen wurden durchaus fürstlich entlohnt.
Ursächlich hierfür war, dass neben der Erstattung der Personal- und Sachkosten ein Verwaltungskostenaufschlag von bis zu 17 Prozent gezahlt wurde, um den Verwaltungsaufwand von BfW und Kolpingwerk auszugleichen. Dies war eine für die Beschäftigten wunderbare Regelung, weil ein Ansteigen der Gehälter automatisch auch zu einem höheren Verwaltungskostenaufschlag führte. Erstmals standen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf derselben Seite. Die verfassungsrechtliche Problematik dieser Auslagerung von Aufgaben wurde seinerzeit nicht ernsthaft thematisiert
Dieses Modell hatte über drei Jahrzehnte Bestand und sorgte durchaus für neidische Blicke der Angehörigen des Werkdienstes, weil der eigene Dienstherr den externen Ausbildern höhere Gehälter zu erstatten bereit war, als er für die Ausbilder des Werkdienstes ausgab. Erst mit der Überprüfung der weitgehend ohne Ausschreibungen erteilten Aufträge an BfW und Kolpingwerk durch den Landesrechnungshof endete diese harmonische Geschäftsbeziehung. Zunächst wurden daraufhin die Verwaltungskostenaufschläge gestrichen.
Mit der Ausschreibung der Aufträge waren die erzielbaren Preise den konjunkturellen Entwicklungen ausgesetzt. Zunächst unterboten sich die Interessenten bei den Preisen, weil gerade viele Ausbilder auf dem Markt waren. Die Arbeitsämter hatten ihre Qualifizierungsbemühungen für Arbeitslose reduziert. Viele Qualifizierungsunternehmen suchten händeringend nach neuen Betätigungsfeldern. Folglich richtete sich ihr Blick auch auf den Strafvollzug, für den sich bis dahin nur BfW und Kolpingwerk interessiert hatten. Preise wie zuvor waren nicht mehr durchzusetzen. Und wer hatte am Ende die Zeche zu zahlen? Selbstverständlich die Berufsausbilder, die teilweise drastische Einkommenseinbußen hinnehmen mussten.
Und wie das in einer Marktwirtschaft üblich ist: Wo der Preis sich an Angebot und Nachfrage orientiert, spielen die Beschäftigteninteressen keine entscheidende Rolle mehr. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass sich die Berufsausbilder der externen Unternehmen angesichts hoher Gehaltskürzungen nicht mehr voll mit ihrer Aufgabe identifizierten. Galt früher die ganze Motivation der Ausbildung, waren viele Ausbilder jetzt auf der Suche nach einer besser bezahlten alternativen Verwendung. Die konjunkturellen Zyklen wirken sich seither unmittelbar auf die Qualität der beruflichen Ausbildung von Straftätern aus.
Zwischenzeitlich haben wir ein Niveau erreicht, das dazu zwingt, die Qualität der Ausbildung durch externe Berufsausbilder insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Der Vollzug ist darauf angewiesen, dass er zu jeder Zeit auf qualifizierte und motivierte Berufsausbilder zugreifen kann. Nur auf diese Weise lassen sich die angestrebten Ausbildungserfolge erzielen. Die Auszubildenden benötigen intensive Führung, Anleitung und vielfache praktische Wiederholungen, bis sie die theoretischen und praktischen Ausbildungsinhalte verlässlich und dauerhaft beherrschen. Zudem bedürfen die Auszubildenden permanenter Motivationsansprachen, um sie davon zu überzeugen, dass berufliche Qualifizierung eine wirksame Methode ist, ihren Lebensunterhalt künftig auf legale Weise zu bestreiten.
Diese Aufgaben lassen sich nur mit einem Personal bewerkstelligen, dass nicht selbst um die Sicherheit des Arbeitsplatzes und um eine auskömmliche Bezahlung von Ausschreibungstermin zu Ausschreibungstermin fürchten muss. Der BSBD hat dem neuen Justizminister deshalb empfohlen, die vor Jahrzehnten eingeführte Privatisierung staatlicher Aufgaben im Bereich der Ausbildung zu beenden und den vorhandenen Ausbildern eine realistische Perspektive für ihr restliches Berufsleben zu eröffnen.
Dies könnte in der Weise erfolgen, dass den vorhandenen externen Ausbildern in Absprache mit den externen Unternehmen die Übernahme in den Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen angeboten wird. Scheiden diese später altersbedingt aus, könnten sie durch Angehörige des Werkdienstes ersetzt werden.
Auf diese Weise ließen sich gleich mehrere Probleme zu durchaus günstigen Konditionen lösen. Einerseits erhielten die Ausbilder eine verlässliche Perspektive für ihr weiteres Berufsleben. Bei entsprechender sicherheitstechnischer Nachschulung der Ausbilder könnten jene Angehörigen des allgemeinen Vollzugsdienstes, die jetzt noch in den von Externen unterhaltenen Ausbildungsbetrieben für Sicherheit sorgen müssen, eingespart und zur Linderung der Personalnot im allgemeinen Vollzugsdienst genutzt werden. Hier liegt ein bislang ungenutztes Einsparpotential verborgen.
Wenn für die Stellenführung der als Beschäftigte zu übernehmenden externen Ausbilder gleich Beamtenstellen geschaffen würden, ergäben sich weitere Vorteile. Durch die Nachschlüsselung dieser einzurichtenden Stellen könnten die so dringend zur Behebung bestehender Beförderungsengpässe benötigten Beförderungsämter in der Laufbahn des Werkdienstes geschaffen werden. Und zu guter Letzt verließe man mit dem Verzicht auf die Auslagerung von staatlichen Aufgaben einen verfassungsrechtlichen Graubereich.
Im kommenden Jahr stehen die nächsten Ausschreibungen für Ausbildungsleistungen an. Deshalb hat der BSBD Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gebeten, diese Aufgaben möglichst in den Werkdienst der betroffenen Einrichtung zu überführen. Durch die Übernahme der vorhandenen Ausbilderinnen und Ausbilder des externen Ausbildungsträgers in den Landesdienst ließe sich das in diesem Fall auftretende Personalproblem einfach lösen. Gleichzeitig könnte das derzeit für die Sicherheit in den betroffenen Betrieben zuständige Personal wieder in den allgemeinen Vollzugsdienst zurückgegeben werden. Der BSBD wird sich nachdrücklich für die Realisierung dieser Problemlösung einsetzen, zumal sie für das Land NRW die kostengünstigste Regelungsalternative darstellt. Für das in den Landesdienst zu übernehmende Personal muss kaum mehr aufgewendet werden. Das Freisetzen der Kräfte zur Gewährleistung der Sicherheit in den Ausbildungsbetrieben führt hingegen gleichzeitig zu einem nicht unbedeutenden Einspareffekt. Einziger Nachteil für die Haushälter: Aus Sachmitteln werden Personalkosten, was im Interesse des Steuerzahlers allerdings unbeachtlich sein sollte.
Friedhelm Sanker